Eine einfache und simple Geschichte über das Dhamma

Es ist schwer für uns zu erkennen, dass das Dhamma (die Lehren des Buddha) einfach und gewöhnlich ist.

Das liegt daran, dass die Überlegungen des Buddhismus und des Dhamma oft alles andere als einfach sind. Zunächst ist die Sprache, die in den Dhamma-Schriften verwendet wird voller “Pali”-Wörter (der Sprache zu Zeiten des Buddha) und enthält viele technische Ausdrücke. Deshalb ist allein das Verständnis der Terminologie eine Herausforderung für jeden.

Sobald wir uns an die Ausdrücke gewöhnt haben, stehen wir vor dem nächsten Hindernis. Und zwar, dass es sehr viele Schriften Buddhas gibt und eine Überangebot an Interpretationen seiner Schüler. Darüber hinaus wird man vor eine weitere Herausforderung gestellt, wenn man mit dem Praktizieren beginnen möchte:

Es gibt viele Meditationszentren und die meisten von ihnen geben vor, dass ihre Lehrmethoden am präzisesten den Lehren des Buddha entsprechen, basierend auf den 4 Pfeilern der Achtsamkeit (SATIPATTHANA). Einige von diesen Zentren werfen anderen Zentren sogar vor, von den Originallehren abzuweichen.

Wir haben alle derlei Schwierigkeiten erlebt. Und das ist auch der Grund, weswegen ich mich gefragt habe, ob es möglich ist, Dhamma auf eine einfache Art und Weise zu lernen:
Ohne dass man PALI lernen muss, ohne Bücher zu lesen und ohne, dass man einem Meditationszentrum beitreten muss.

Tatsächlich ist das Dhamma, so wie es von Buddha gelehrt wurde sehr einfach und simpel. und wie einer seiner Schüler sagte, “Es ist so wunderbar klar, mein Herr! Die Wahrheit, die du uns offenbarst, ist wie ein schiefer Gegenstand, den man wieder richtig herum hinstellt.“
Das sollte nicht überraschen, denn wir alle werden mit Dhamma geboren, Leben mit Dhamma und sterben mit Dhamma. Wir begreifen nur nicht, was Dhamma ist, bis es uns durch die Lehren des Buddha offenbart wird, die uns einen einfachen Weg aufzeigen, dem wir folgen können.

Einen weiteren Punkt, den man sich bewusst machen sollte, ist die Tatsache, wie weise der Buddha war. Er konnte die kompliziertesten Sachverhalte einfach und verständlich erklären. Er besaß die Fähigkeit die Essenz, die Grundgedanken von Dhamma, in der für die Zuhörer am besten geeigneten Form zu vermitteln. Sprache war dabei kein Hindernis, da er in der Lage war, klar und deutlich zu kommunizieren ohne schwierige Fachbegriffe. Im Gegenteil – vielmehr waren es viele der Menschen, die zu späteren Zeitpunkten Dhamma gelernt und gelehrt haben, die Dhamma in etwas Kompliziertes verwandelt haben. In etwas außerhalb der Reichweite des Einzelnen, etwas, das nicht mehr einfach als Werkzeug zu verwenden war, um das Leiden zu beenden. Sogar die Sprache in ihren Lehren ist für den Normalbürger nicht zu verstehen.

In Wahrheit ist Dhamma sehr nahe an uns und unserem Leben. Es ist uns so nahe, dass man sagen kann, es handelt von uns.
Das Ziel von Dhamma ist einfach –
uns vom Leiden zu befreien (DUKKHA).

Wenn wir uns mit Dhamma beschäftigen, dann sollten wir uns genau ansehen, wo Leiden stattfindet, wie Leiden entsteht und wie man Leiden beendet.
Erfolgreich im Studium von Dhamma zu sein, bedeutet so lange zu üben, bis man am Ende des Leidens angekommen ist. Es hat nichts damit zu tun, wie viel Wissen man über Dhamma angehäuft hat oder wie gut man es erklären kann.

Die Wahrheit ist, dass das Leiden, das wir erleben in unserem Körper und Geist begründet liegt. Der Bereich um Dhamma zu studieren, liegt in uns. Anstatt in der Außenwelt nach Erkenntnissen zu suchen, können wir nach innen auf unser Selbst blicken.
Die Methode hierzu ist leicht: Einfach unseren Körper und Geist ganz genau zu beobachten. Wir können damit beginnen unseren physischen Körper zu beobachten.

Der erste Schritt ist es, sich zu entspannen.
Es gibt keinen Grund sich zu verspannen oder angestrengt darüber nachzudenken, Dhamma zu praktizieren. Wir beobachten einfach nur unseren eigenen Körper.
Es spielt dabei keine Rolle, wie viel wir wahrnehmen; wir beobachten einfach so viel, wie uns möglich ist.

Sobald wir entspannt sind, können wir den ganzen Körper wahrnehmen.
Wir betrachten ihn so, wie wir einen Roboter betrachten würden… wie er geht, sich bewegt, kaut, Essen herunterschluckt (wie er dem Körper Materie zuführt) und Abfall entsorgt.

Wenn wir diesen Roboter-Körper, den wir “unseren” nennen, als neutraler Beobachter beobachten, wie er seine Aufgaben verrichtet, werden wir erkennen, dass dieser Körper nicht wirklich uns gehört und sich nach seinen eigenen Regeln verhält. Es ist nur ein materieller Gegenstand, der nie stillsteht und nie gleich bleibt. Sogar die Einzelteile des Roboters verändern sich ständig, Substanzen bewegen sich permanent hinein und hinaus; zum Beispiel das Ein- und Ausatmen, Essen und Trinken und Stuhlgang. Demzufolge ist der Körper nur eine Gruppe von Elementen (Erde, Wind, Feuer und Wasser), die nicht von Dauer sind.
Indem man einfach den Körper beobachtet, wird sich unser Klammern an die Fehlwahrnehmung, dass der Körper “uns” gehört, auflösen. Dann werden wir erkennen, dass es noch eine andere Form gibt (die wir Verstand oder Geist nennen), die diesen Körper kennt und in ihm wohnt.

Wenn wir erkennen, dass der Körper nur eine Ansammlung ständig wechselnder Elemente ist, können wir anfangen, das, was in unserem Körper versteckt ist, zu beobachten.
Auf diese Art und Weise können wir mehr und tiefgründiger über uns selbst erfahren.

Dieses Ding, das in uns versteckt ist, kann leicht gesehen werden. Es sind die Gefühle von Glück, Unglück und Neutralität. Zum Beispiel sehen wir von Zeit zu Zeit wie Schmerzen, Durst, Hunger und andere Unbequemlichkeiten entstehen, wenn wir den Roboter-Körper eine Zeitlang beobachten. Sobald die unglücklichen Gefühle verflogen sind, fühlen wir uns für eine Zeit lang wieder glücklich (Glück entsteht). Wenn wir zum Beispiel durstig und unglücklich sind, trinken wir etwas Wasser und das Unglücklichsein aufgrund von Durst verschwindet. Oder wenn wir für lange Zeit sitzen und anfangen Schmerzen zu spüren, fühlen wir uns unglücklich. Sobald wir die Körperposition verändern, verschwindet die Unbequemlichkeit und mit ihr das Unglücklichsein (Glück entsteht).

Manchmal, wenn wir krank sind, können wir uns unseres physischen Leidens kontinuierlich für einen längeren Zeitraum bewusst sein. Wenn wir zum Beispiel über mehrere Tage hinweg Zahnschmerzen haben und diesen Schmerz genau betrachten, werden wir feststellen, dass das unangenehme Gefühl irgendwo zwischen Zahn und Kiefer entsteht. Jedoch sind es nicht diese Teile (Zahn und Kiefer) selbst, die den Schmerz produzieren. Der Körper ist wie ein Roboter, der keinen Schmerz und kein Leid spürt, dennoch befindet sich das Unangenehme im Körper.

Wir werden feststellen, dass diese Gefühle des Glücks, des Unglücks und der Neutralität nicht Teile des Körpers sind, sondern etwas, das im Körper gefühlt und wahrgenommen werden kann, so wie der Körper selbst.
Ausgehend davon können wir uns selbst nun noch genauer kennenlernen. Wir können genau beobachten, dass wenn körperliches Leiden entsteht, es unser Geist ist, der negativ reagiert. Wenn wir zum Beispiel hungrig sind, sind wir schneller enttäuscht; wenn wir müde sind, ärgern wir uns eher; wenn wir Fieber haben, regen wir uns schneller auf; oder wenn unsere Wünsche nicht erfüllt werden, lassen wir uns eher aus der Ruhe bringen. Wir können uns die Wut bewusst machen, die entsteht, wenn wir es mit körperlichem Leiden zu tun haben.

Auf der anderen Seite, wenn wir Schönes sehen, angenehme Geräusche hören, angenehme Gerüche riechen, Leckeres schmecken, eine sanfte Berührung spüren oder eine angenehme Temperatur wahrnehmen – nicht zu warm und nicht zu kalt – oder schöne Gedanken haben, empfinden wir Freude und Befriedigung mit diesen Ausblicken, Tönen, Gerüchen, Geschmäckern, Berührungen und Gedanken. Wenn wir uns der angenehmen und unangenehmen Gefühlen bewusst sind, wenn sie entstehen, können wir uns anderer Gefühle bewusst werden, wie Zweifel, Rache, Depression, Eifersucht, Freue und auch Ruhe des Geistes.

Wenn wir uns weiter mit diesen Gefühlen beschäftigen und sie beobachten, wird uns klar werden, dass auch diese nicht stabil sind. Wenn wir zum Beispiel wütend sind und uns die Wut bewusst machen, werden wir feststellen, dass es einen ständigen Wechsel in der Intensität der Wut gibt. Irgendwann wird sie weniger und verschwindet.
Egal ob das Gefühl der Wut verschwindet, was wichtig ist, ist die Wut als etwas zu sehen, was beobachtet werden kann, als etwas, das nicht zu uns gehört. Es gibt kein “uns” in der Wut. Wir können andere Gefühle mit dem gleichen Verständnis beobachten.

An diesem Punkt erkennen wir, dass unser Körper wie ein Roboter ist und Glück und Unglück und alle anderen Gefühle nur Objekte sind, die betrachtet werden können und nicht zu uns gehören. Je mehr wir diese Prozesse unseres Geistes verstehen, desto klarer wird uns die wahre Erkenntnis: dass Leiden nur entsteht, wenn es einen Grund gibt.

Wir werden feststellen, dass es einen natürlichen Impuls oder eine Kraft in unserem Geist gibt. Wenn wir zum Beispiel eine schöne Frau sehen, wird unser Geist anfangen ein Gefühl der Zuneigung zu dieser Frau zu entwickeln. Unser Geist wird zu dieser Frau wandern, nur diese Frau sehen und wir vergessen uns selbst.

(Was das Wandern des Geistes betrifft: Jemand der nur aus Büchern gelernt hat, wird das verwirrend finden. Wenn jedoch jemand wirklich mit dem Üben beginnt, wird er/sie sehen, wie weit der Geist wandern kann – so wie es schon Wort für Wort von Buddha selbst beschrieben worden ist).

Oder wenn wir zweifelnde Gedanken haben, zum Beispiel, wie man Dhamma praktiziert, werden wir sehen, dass wir das Bedürfnis haben, eine Antwort darauf zu finden. Unser Geist wird dann in die Welt der Gedanken wandern. Das ist der Punkt, an dem wir uns selbst vergessen. Der Roboter-Köper ist immer noch hier, aber wir vergessen ihn, so als ob er aus der Welt verschwunden wäre. Es können auch noch andere Emotionen in uns sein; es kann jedoch sein, dass wir uns darüber nicht bewusst sind, da unser Geist damit beschäftigt ist, Antworten in zweifelnden Gedanken zu suchen.

Wenn wir uns selbst mehr und näher betrachten, werden wir bald verstehen, wie Leiden entsteht und wie man sich vom Leiden befreit und wie es sich anfühlt ohne Leiden zu sein. Unser Geist wird sich aufrichten und geraderücken, ohne über Meditation, Weisheit oder den Pfad der aus dem Leiden führt, nachzudenken.

Wir sind vielleicht nicht gut mit Dhamma oder Pali-Worten, aber unser Geist kann dennoch frei von Leiden sein. Und auch wenn wir noch Leiden erleben, wird es weniger intensiv und für kürzere Zeit bestehen.

Ich habe diesen kurzen Aufsatz für alle diejenigen geschrieben, die daran interessiert sind Dhamma zu üben, um folgendes zu vermitteln:
Dhamma ist gewöhnlich, es handelt von uns selbst, und es kann von uns selbst ohne große Schwierigkeiten erlernt werden. Fühle Dich also nicht entmutigt, wenn Du Leute hörst, die sich mit Dhamma beschäftigen und von Theorie reden.

In Wahrheit musst du nichts wissen, außer, wie Du Dich vom Leiden befreien kannst, denn das ist das Herz des Buddhismus, und die wichtigste Lektion für jeden selbst.

 

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